Dienstag, 9. Dezember 2014

Die Idee und ein bisschen Input

Einen blog über ein Jahr muss man abschließen. Ich habe mir schon damals, getränkt von Anti-rassimus- und Sensibilisierungstraining gedanken über meinen Blog und meine Art der Berichtserstattung gedanken gemacht. Viele meiner Freiwilligen haben am Anfang ihres Blogs ein: "Nehmt nicht alles was ich sage als Wahrheit hin"-Text geschrieben. 
Das ist eine ganz wichtige Sache: ich erzähle etwas, und dies wird als Fakt, als Gegebenes angesehen, ich habe ja schließlich ein Jahr dort gewohnt, ein Jahr "die Kultur" erfahren, ich bin ein Spezialist in Kamerunologie. Das ist aber gründlich falsch, und dabei erwische ich mich selber immer wieder: 

Menschen verallgemeinern?

Menschen werden generalisiert, "die Kameruner sind so und so", alltägliche Dinge werden extremisiert, "die leben Alle in Blechhütten", Armut wird romantiesiert, "obwohl die kaum Geld haben sind Alle glücklich", Vorurteile werden geschürt, "die trinken den ganzen Tag Bier, die Alkoholiker", ganz Afrika wird in einen Sack gepackt, "Ich war in Afrika".

Das ganze kommt mir leider im Alltag immer wieder vor, ich unterhalte mich, erzähle von Kamerun, als Antwort bekomme ich ein "Und wie ist dies und das in Afrika?"(das selbe passiert auch mit den Niederlanden und Holland) zurück. Manche Fragen mich: "Wie hast du das Überlebt, da ist doch Überall Ebola und Malaria!", oder "Da sind doch alle Kinder unterernährt, oder?."

Und leider kann ich das keinem böse nehmen, genau mit diesen Bildern, diesen Gedanken bin ich auch nach Kamerun gefahren, hatte mein Mückenschutz und Malariamittel in Griffweite, wollte kein Essen von der Straße essen, Nachts nicht raus, aufpassen, weil doch eh alle nur mein Geld wollen, geschürt von Medienberichten, Spendenaufrufen und dem allgemeinen Bild über jedes afrikanische Land. Und da komme auch ich ins Spiel: ich erzähle meine Geschichte, sie mag an einigen Punkten dem Medienbild widersprechen, an anderen dies aber auch kräftigen, richtig sind aber wieder keine von beiden, ich kann nur aus meinem Standpunkt erzählen, meine kleine Welt, ungefähr in einem 20m Radius um mich herum. Ich erzähle meine Geschichten mit Vorsicht, kann aber nicht garantieren das alles was ich erzähle richtig ist, das ich das Geschehene richtig interpretiert habe, das die Menschen über die ich etwas erzähle damit einverstanden sind, wie ich es erzähle.

Die Gefahr einer einzelnen Geschichte
Wer ein bisschen Zeit hat, dem empfehle ich das folgende Video: Eine Person erzählt über die "Danger of a single Story" - die Gefahren einer einzelnen Geschichte, meine zum Beispiel, und welche Auswirkungen das haben kann:

Einfach bei subtitle auf Deutsch stellen, ca. 18min

Das Fest des Huhnes
Darüber hinaus gibt es eine super Dokumentation:"Das Fest des Huhns". Eine Gemeinde in der ländlichen Schweiz/Österreich wird aufs Korn genommen, völlig falsch dargestellt, einfach mal durch falsche Interpretationen völlig verrückt aber auf einer witzigen Weiße dargestellt. Stellt euch vor, das würden sie in asiatischen, afrikanischen, amerikanischen Grundschulen zeigen, niemand würde die "Europäer" mehr ernst nehmen.

Und das ist leider schon oft mit einseitigen Dokumentationen über Afrika geschehen.
Eine satirische Dokumentation, einfach super! 55min

This is Africa, eine "afrikanische Kultur"?

Gerade auf Afrika reagiere ich zum Beispiel sensibel: Zwischen Nord-Afrika, Ägypten, Syrien, Marokko, Ostafrika, Tanzania, Uganda, Ruanda, Südafrika und Westafrika, Kamerun, Nigeria, Ghana, liegen solche riesiegen Unterschiede, schließlich ist der Kontinent Afrika ja auch ungefähr viermal so groß wie Europa, aber trotzdem werden alle Menschen, Völker und Gemeinden da in dieses nichtssagende Wort gefasst.

Neben chinesisch, deutsche, französische, italienische Restaurants gibt es auch "afrikanische Restaurants, afrikanische Musik, afrikanischen Tanz, die afrikanische Kultur". Dabei sind schon Franzosen zu Deutschen, Polen zu Portugiesen, Russen zu Italiniern unterschiedlich, wir wollen nicht mit jedem verglichen werden, über den afrikanischen Kontinent wird das aber täglich getan.
Ein Punkt zu dem Thema ist das "Othering", man versucht Personen anders zu machen. Man spricht von "die Anderen", denn alles was nicht so ist, wie man es gewohnt ist, ist anders, und leider auch meistens negativ, weil es ja nicht so gemacht wurde, wie es besser ist. Einfache Sätze wie "Die sind eben anders" hören sich zwar niedlich an, können die gemeinte Person aber sehr kränken. Das mag sich übertrieben anhören, hört man soetwas als zum Beispiel schwarze Person andauern, ein leben Lang, von Kindergarten bis zum Abitur, dann frisst es einen auf.

Der Rassist in uns 
Dazu empfehle ich das nächste Video: "Der Rassist in uns". Ein Video bei dem die Diskriminierung mal umgedreht wird, Menschen mit blauen Augen hören nun, was sie nicht können und was sie falsch machen, die "Braunen" entscheiden. Leider etwas übertrieben, aber wenn man sich darauf einlässt und versucht sich reinzufühlen, kann man schnell fühlen, was dort und auch im Alltag eigentlich so falsch läuft.

Langes Video, lohnt sich aber. Dauert 1std 15min, gute Doku für den guten Schlaf.

An wen Spende ich heute?!?
Und zum Schluss noch ein Thema, das mir persönlich am Herzen liegt: 

Leztens als ich einen riesen Schwung Dokumente für meinen Bafög-Antrag verschicken wollte, hatte ich, dank der ganzen Schenkwütigen Omas vor mir, genug Zeit einen Spendenaufruf der Unicef wieder und wieder in dem Werbefernseher der Postfiliale anzusehen. Der Clip ging über ungefähr 30 Sekunden und hatte ungefähr diese Handlung:
Hilfe, hilfe, afrikanisches Kind, mit tränenden, weiten, welpenähnlichen Äuglein, dreckig im Gesicht, hilfe es verhungert. 
Nächste Szene: Ein neugeborenes Baby, verhungert wahrscheinlich auch, Max weiß es nicht.
Nächste Szene: Ein anderes Kind muss diese Nusspäckchen essen (beinhalten genug Energie für einen Tag und ein paar Nährstoffe wohl auch).
Nächste Szene: Kind hat brav aufgegessen und spielt auf einem Haufen Mais vor einem Haus, gebaut aus ähnlichem roten Lehm, wie die Häuser in Bali, Essen genug für gefühlt achtzig Familien, dank Nusspäckchen ist es jetzt aber glücklich und spielt im Mais. 
Danke Unicef, du hast den Hunger besiegt.
Zugegebenermaßen, ich habe das ganze etwas ins Lächerliche gezogen, der Spendenaufruf war etwas ernster und etwas mehr auf des Mitgefühl einer jeden Oma und eines jeden Opas bedacht, ich soll ja auch etwas spenden. 
Zu dem konkreten Fall: Ich musste in meinem Jahr kein Kind sehen, was auf solche Nusspäckchen angewesen war, jedes Kind, jeder Opa und jede Oma hatte etwas zu Essen, jemanden in der Nachbarschaft hungern zu lassen, das ging gar nicht.

Wenn mich jemand fragt, was denn da so fehlt, was man denn spenden könnte dann erzähle ich meiner Meinung nach ein schönes Beispiel: Ich gebe einem Kind ein Lutscher, einen Fussball, ein Teddybär, eine Puppe eben etwas, worüber sich jedes Kind freut. Nach einiger Zeit ist der Lutscher aufgelutscht, der Fussball hat ein Loch, der Teddybär ist kaputt, die Puppe sieht nicht mehr gut aus. Das Kind wird traurig sein, weinen, erwartet nun vom nächsten netten Max auch ein Geschenk, irgendetwas besseres.
So geht es mit fast jeder Spende: Ich investiere, die laufenden Kosten sind aber zu hoch, die Reperatur ist zu teuer oder es funktioniert einfach nicht, es ist nicht nachhaltig. Danach steht der bespendete da, ihm fehlt etwas, sein Lebenstandard rutscht wieder nach unten. Das Komische: es gibt in Bali Lutscher, Fussbälle, Teddybären, Puppen, Schubkarren, Autos, Brunnen, Schulen, Spielsachen, Malsachen, es gibt dort Alles, was ich zum überleben brauche und noch viel mehr, um Spaß zu haben, um eine Existenz zu gründen, um wirklich zu leben.
Und diese Nusspäckchen schaffen Abhängigkeiten, ein Kind müsste schließlich nicht nur eines Essen und lebt dann für immer, jeden Tag ein Päckchen, jeden Tag ein Lutscher, jeden Tag ein Teddybär, jeden Tag etwas, Unabhängigkeit ist etwas anderes. Wird die Spende eingestellt, hat das sogar sehr viel schlimmere Auswirkungen. Und so läuft das leider mit fast jeder Spende die getätigt wird. Es unterstützt fast nie. 
Aber spenden sind doch nicht immer schlecht? Ich kann mir vorstellen das es in Krisensituationen hilfreich sein kann in kurzer Zeit viele Spenden zu mobilisieren, eine Dürre oder eine Wirtschaftskrise kann viele Menschen betreffen. Ansonsten kann ich mir noch vorstellen, das nachhaltige Spenden gegen Unrecht, für Gleichberechtigung, gegen systematische Fehler wie Korruption etc. sinnvoll sein können. 
Darum auch gleich die Bitte: wenn ihr Spenden wollt, spendet sinnvoll, Unabhängigkeitsfördern, Projektbezogen, an Menschen die ihr kennt. Anonyme Massenspenden bringen in der Regel keinem etwas, außer meinem Gewissen.

Und dann noch zum Abschluss:
This is not Cameroon 

This is my Cameroon
This is me

Alle Bilder die ihr gesehen habt, alle Texte die ihr gelesen habt sind Texte aus meinen Erinnerungen, Gefühle, die ich so gefühlt habe, Interpretationen, von denen ich dachte, sie wären richtig. Das können sie, müssen sie aber nicht sein. Ich bin kein "Spezialist" alles was ich gesehen habe, war mein Bali und ein paar Touristenorte, die ich Besucht habe, ich kenne nicht die Kameruner, ich kenne Gregory, Grace, Ma Comfort, Ernestine und sie sind alle verschiedene liebenswerte Menschen, und auf keinem Fall in einer Kaste zu schieben.
Hinterfragt Meinungen, Interpretationen, Berichten, wie sie dargestellt werden, wer sie darstellt und welchen Zweck sie verfolgen. Hinterfragt Medien, Zeitungen, Dokumentationen, Nachrichten, oft sind sie nur das, was die Menschen hören wollen. Und zum Abschluss: Macht euch euer eigenes Bild, sprecht mit Menschen, fragt sie, lacht zusammen, teilt eure Erfahrungen. Wir sind doch alle ähnlicher als wir es vermuten.

Und damit auch zum Abschluss dieses Blogs, eine Menge Fotos, 32 Artikel, 11000 Besuche. Es war schön, verdammt schön. Hoffentlich bald wieder.

Nchicka njamo, Bati vomwi
(oder so ähnlich ;) )
Danke, danke an alle und für alles, ganz besonders Grace, Gregory, Laura, Lea, D., Ma Comfort und alle meinen lieben Kinderchen!
Danke.















Wieder da, ein kurzer Text über mein "Danach" und Gedanken über mein "zu Hause"

Das große Danach

Um die Bewerbungen für ein Studium hatte ich mich ja in Kamerun schon gekümmert, mein Favorit war die Universität Enschede und genau von dort, vom Raum NT115 in dem Horsttoren (= Horstturm) schreibe ich gerade diesen klitzekleinen Text. 

Was ist also zwischen meiner Abreise und jetzt so passiert? Ich fange einfach bei der Abreise an:
Von meinen Freunden und Nachbarn wurde mir versichert, "du bist hier immer zu Hause, wenn du uns mal besuchen kommst, dann darfst du bei uns wohnen." Gerade unsere Abschiedsparty war herzlichst schön, wir saßen zusammen mit Kindern, Erwachsenen und Freunden, eigentlich waren alle da, die meisten sprachen schon dort aus, uns vermissen zu werden, es werde sich etwas ändern, wenn wir weg sind.

Grace und ich ließen es uns nochmal am Strand in Limbe gut gehen, wir hatten leider nicht das beste Wetter, es regnete viel und stark, schön war es trotzdem, vorallem schön schwül. Die letzten Tage vergingen wahrlich wie im Fluge, die einzigen Bilder die ich zu dem jetztigen Zeitpunkt noch im Kopf habe sind, wie wir zu dritt in einer unglaublich protzigen Villa des Bruders von Gregory in einem Bett geschlafen haben (hätten wir mal das Mükennetz runtergelassen) und am nächsten Tag, wie ich dann im Flugzeug sitze: über Äthiopien nach Hause. Ich weiß noch wie komisch mir das Wort "Hause" vorkam, es hatte sich doch wohl etwas verändert, kenne ich mich noch aus in meiner Stadt? Wie sehen meine Leute aus, das Haus, habe ich mich verändert?
Gut, zugegebenermaßen habe ich meine Familie ja zweimal gesehen, Fritz, Jana und Elli, und dann noch Erika und Hendrik, aber meine Freunde? Mit denen hatte ich kaum Kontakt.

Und Zeit darüber nachzudenken hatte ich genug: Wir verpassten unseren Anschlussflug in Äthiopien. Gerade als wir landeten, flog das nächste los: und zwar unseres.

Eine Nacht in Äthiopien? Was tun wir? Wo schlafen wir? Wann fliegen wir? 
Nach ein bisschen Druck am Schalter: Super, schlafen im 4-Sterne Hotel, mit essen und allem drum und dran, da komm ich doch ganz gerne einen Tag später. Nur wusste ja keiner etwas von meinem zu spät kommen: Wolle angerufen, der war auch um 2 Uhr noch wach, und ihm erzählt, das ich etwas später komme, was ihm eigentlich ganz gut passte, wenn man bedenkt, das er hätt um 6 Uhr losgemusst um mich pünktlich in Frankfurt abzuholen.
Wieso mich Wolle abholte, ich wollte meine Mutter überraschen, kam also zwei Tage früher als sie dachte an, um sie mal schön zu Überraschen. Und das ist mir auch ganz gut gelungen, Erika war gerade dabei Hausarbeiten zu machen, und da stand ich: mit meinem Reiserucksack, buntem Hemd und ein bisschen Müde, der Max war wieder "zu Hause"! (Ich schwöre ich habe eine kleine Träne auf den Wangen meiner Mutter gesehen ;) )

Danach die Tage gingen noch schneller ich wollte in vier Wochen anfangen zu studieren, ich hatte einen straffen Plan: Wohnung finden, zu einem Geburtstag, eine Woche arbeiten, meine Freunde gaben mir zum wieder "zu Hause" sein ein Ticket für das Dockville-Festival über 5 Tage, meine Leute besuchen.
Gerade das mit der Wohnung gestaltete sich als schwierig in Enschede hagelte es eine Absage nach der anderen:
"Wir suchen eigentlich nach weiblichen Mitbewohnern...","Wir suchen eigentlich nach Niederländern...","Eigentlich suchen wir gar nicht mehr..."
Ich war aber eben am Suchen, und zwar nach einer guten und günstigen Wohnung! Als ich dann nach dem Tip von Tini meine Suche nach Deutschland ausgeweitet hatte: innerhalb von einem Tag fand ich ein Zimmer: 16m², in der Innenstadt Gronaus und zwei Minuten vom Bahnhof, super für die erste Zeit, wenn ich dann irgendwann eine Wohnung in Enschede finde, kann ich ja immer noch umziehen.

Darauf dann noch eine Woche Sommerferienspiele, zusammen mit dem Jan ein Zeltlager-Ersatz-Programm aufgestellt, eine Rallye durch Vellmar mit Würstchen und Stockbrot als Finale. Dann umziehen, ins nächste "zu Hause", anfangen zu studieren, die Universität, mein zweites "zu Hause".

Irgendwie kam ich da schon etwas durcheinander, wo wohnte ich denn nun? Bei meinem alten "zu Hause" bin ich ja schon vor einem Jahr schon ausgezogen, mein altes Zimmer wird jetzt liebevoll Gästezimmer genannt und ich habe kein Privilig mehr in meinem alten Bett zu schlafen (wenn Fritz und Jana zu besuch kommen, bekommen sie mein Bett...) gelebt und gewohnt hatte ich in Bali, das war jetzt aber vorbei, und meine neue Wohnung war eben noch neu und unbekannt.

Und selbst jetzt, im Unistress, täglich von 8.45 bis 17.30 Programm, danach noch Hausaufgaben, etwas vorbereiten, Wäsche waschen, Kochen, einkaufen, da wäre ich gerne wieder in Bali, einfach an der Straße essen, kurz Schule, Reisen. Ein bisschen mehr Urlaubsfeeling hatte ich dort doch schon. Meine Mutter sagt nur:"Du hast es dir so gewünscht, hehe.", und das habe ich wirklich, mir gefällt es auch, ein Unterschied ist es trotzdem.

Jetzt bin ich mittlerweile schon im zweiten Modul, das erste Semester ist schon fast vorüber und ich habe schon einige Tests geschrieben und Noten gesammelt. Die Bafög meldet sich nicht, GEZ aber schon, Versicherungen wollen meine Zahlen, in der Uni bin ich eine Nummer (1621068), das Konto nullt sich zu gerne

Mein neues altes "zu Hause": Das Erwachsen-sein in der Bürokratie Deutschland.

Dienstag, 22. Juli 2014

Was mache ich denn jetzt?

Jetzt sind wir nur noch weniger als drei Wochen hier. Mein Freiwilligendienst nimmt ein Ende, ich sage langsam dem einen oder der anderen Tschüss, trinke meine letzten Biere mit dem und dem und sehe vermutlich dieses oder jenes Gesicht das letzte Mal.

Was mach ich denn danach? Ich komme an und irgendwie muss es ja weitergehen. Ich könnte ja noch irgendwohin reisen? Dazu fehlt mir das Geld. Arbeiten? Aber was? Mit dem Abi könnte ich ja auch studieren (was für ein Geistesblitz!)? Also bewerbe ich mich mal an verschiedenen Universitäten und Fachhoschulen.

Gar nicht so einfach mit einer Bandbreite von ungefähr 10kb/s. Die verschiedenen Internetseiten der Hochschulen brauchen gut 30 Sekunden bis zum Anzeigen, Informationen herausfinden, Flyer downloaden oder für die Onlinebewerbung einloggen dauert noch länger, wenn es denn überhaupt funktioniert.

Umgeschaut habe ich mich nach Naturwissenschaftlich-Technische Bachelorstudiengänge. So ein Interdisziplinärer Studiengang gefällt mir. Beworben wurde nach Intuition, soviel Informationen konnte ich mir ja leider nicht einholen.

Beworben habe ich mich deswegen an folgenden Stellen:

  • Hochschule Bremen für den Studiengang Bionik. (Klick für mehr Info.)

Was ist Bionik? Verwenden von Eigenschaften aus der Natur, seien es Physikalische, Mechanische oder Chemische, auf Technik. Einfach: Ein Flugzeug fliegt, weil der Grundbau eines Vogels dahintersteckt, und die fliegen ja ziemlich gut. Für dieses Jahr werden 30 Plätze zur Verfügung stehen, mal sehen ob ich dafür eine Zusage bekomme? Dieser Studiengang wäre vom Fach her mein Favorit.


Nano was? Nanostrukturwissenschaften studiert mein Bruder schon seit einigen Semestern. Er hat mich auch dafür beworben. Ich habe in meiner Schulzeit schon ein Praktikum in Nano gemacht und fand, dass ist ein interessanter zukunftsfähiger Studienfach. Nur irgendwie will ich nicht in die Fußstapfen meines großen Bruders treten und irgendwie auch raus aus Kassel.


Studienfach mit Schwerpunkt auf: Wie kriegt man Chemische Prozesse in die Industrie? Köln wäre meine Lieblingsstadt in Deutschland.

Ein Studiengang auf englisch in Enschede, Niederlande, nicht weit von der deutschen Grenze. Was heißt Advanced Technology? Der Studiengang ist ein interdisziplinärer Studiengang mit Schwerpunkten in Physik, Chemie, Technik und a bissl Betriebswissenschaften. Ziel? Technologien für die Zukunft erfinden und entwickeln, das Leben der Menschen einfacher machen etc. Der gesamt Studiengang wird auf englisch Stattfinden, es wird ein Auslandssemester geben und er ist in den Niederlanden! Einziges Manko: Monsterhohe Studiengebühren. Niederländisch kann ich auch noch nicht, dass lerne ich aber noch!

Entscheiden wird da nicht einfach. Mittlerweile habe ich schon Zusagen für Technische Chemie und *trommelwirbel* an der Utwente für Advanced Technologies. Damit hab ich eigentlich schon entschieden in den Niederlanden zu studieren. Ich werde dann hoffentlich in Enschede in einer WG wohnen, Niederländisch lernen, was interessantes Studieren! Juhuu!

Jetzt fange ich schon an, nach Wohnungen zu suchen, mir den perfekten Handytarif rauszusuchen und und und. Ich freue mich riesig!

Habt ihr noch Tips und Tricks für mich? Welche ist die beste Homepage für die WG-Suche? Was muss ich sonst noch organisieren für mein Auslandsstudium? Was sollte ich auf jeden Fall noch in Deutschland vor dem Studium tun?



Adamawa, Zugfahren wie in Deutschland. Fast.

Schule ist vorbei. Der Arbeitswechsel für die nächsten Freiwilligen allmählich am Rollen. Hier in Kamerun gibt es drei Monate Schulferien für die Kinder, Lehrer und Schulleiter. Auch für die Freiwilligen heißt das eine Menge Zeit zum Reisen.

Was auf meiner Liste noch fehlt ist die Fahrt in den Norden. Von Yaounde aus fährt ein Zug nach Ngaoundere. Das wäre doch was!

Zweiter Versuch: Auf nach Ngaoundere.
Also entschieden Laura, Lea und ich uns eine Woche Zeit zu nehmen, die Wanderrucksäcke zu packen und in de Adamawa-Region zu fahren. Nächste Woche. Lea wird Krank. Übernächste Woche. Wir fahren nach Bafoussam, feiern den Geburtstag einer Freiwilligen und wollen nächsten Tag nach Dschang, mit den Dschang Freiwilligen nach Yaounde und den Zug nehmen. Laura wird auch krank. Laura wird von Gregory in Bafoussam abgeholt, nach Bali zurückgebracht und Lea begleitet sie. Ich entscheide mich mit den drei Dschang Freiwilligen nach Ngaoundere zu fahren. Ein Tag wird noch in Dschang verbracht, eine kleine Studentenstadt. Kalt, viele junge Leute, französischsprachig. Aber eine schöne Stadt, mit See, vielen Bars und netter Innenstadt. Am Montag nehmen wir vier, Paul, Anna, Sophie und ich den Nachtbus nach Yaounde. 56 Sitzplätze stehen zur Verfügung. Weitere 20 Stehplätze werden aber noch im Gang und auf den Treppen vorbereitet. Stellt euch das mal vor, sieben Stunden stehen, Nachts!
Ausruhen auf dem Grünstreifen, rechts das Schild, welches Sport und Hobbies untersagt

In Yaounde um sechs Uhr angekommen wird gleich ein Taxi zum Zugbahnhof genommen, wir kaufen uns Tickets für die zweite Klasse. Nach Ngaoundere macht das 15 Euro für ungefähr 14 Stunden Fahrt. Wir hörten geteilte Meinungen über die Zweite Klasse, Kinder kreischen, Leute sitzen im Gang, teilweise schlafen sie auch auf dem Boden. Es stinkt, der Zug ist zu voll, man wird beklaut. All das würden wir dann um zehn nach sieben erfahren, Abends, wenn der Zug dann losfährt.
Aber erstmal heißt es die zwölf Stunden in Yaounde zu verbringen. Die vorherige Nachtfahrt ermöglichte mir kaum Schlaf, den ganzen Tag den großen Rucksack auf dem Rücken, noch nicht gefrühstückt.
Der Tag in Yaounde war aber wirklich schön, nach einer langen Suche nach einem ordentlichen Frühstück verbrachten wir einige Zeit im schön angelegten Stadtpark, liefen eine Stunde einem Kerl auf dem Zentralen Markt nach, der schöne Schuhe für mich finden sollte, gingen in richtigen Supermärkten shoppen und liesen uns von einem "Polizisten" noch des Staatsstreiches beschuldigen.

Ich erläutere einfach mal kurz wie Polizisten sich von "Weißen" Geld erhoffen und wie das so ablaufen kann:

Wir saßen auf einer kleinen Grünfläche inmitten der Innenstadt, ein Schild wies uns darauf hin, dass es hier verboten sei Sport oder Hobbies auszuführen. Wir waren keineswegs die einzigen, die die Sonne und das weiche Grass genießen wollten, plötzlich kam aber ein Mann zu uns und sprach uns in französisch an. Ich kann nur das wiedergeben, was mir meine französisch sprechenden Mitfreiwilligen übersetzt haben, der Mann reagiert geradezu energisch aggressiv, als ich versuchte ihm klar zu machen, dass ich eben kein französisch Spreche. Er kam also an und zeigt uns für eine halbe Sekunde lang (vielleicht +/- einige Millisekunden) seinen Polizeiausweis. Ich konnte in der Zeit und dank seines Daumens verdeckt nur "Hygiene" lesen. Sofort sehr aggressiv und einschüchternd meinte er es sei verboten hier zu sitzen. Mal abgesehen von den anderen Menschen die da noch so sitzen, leider aber nicht mehr da saßen... Ich fragt ob ich nochmal seinen Ausweis sehen dürfte, wieder zeigt er ihn nur wenige Millisekunden, verdeckt durch seine Wurstfinger. Nochmal bitte: Police Department of Hygiene. Was ist denn die Abteilung für Hygiene? Oberhausmeister? Nun sammelte er unsere Pässe ein, durchsuchte sie nach Fehlern, abgelaufene Visa oder etwas Unleserlichem.
Er faxte dann nicht lange herum, es ging dann ziemlich schnell um Geld, wer hier sitzt bezahlt eine Strafe. Und dann kam ihm ein Lichtblitz: Die Kamera! Nun haben wir wohl Fotos von Regierungsgebäuden gemacht, wir seien vielleicht Spione, er würde uns zur Polizei schleppen, oder wir bezahlen umgerechnet knapp 300 Euro jetzt und er lässt uns in Ruhe. Die Pässe in seiner Hand, meine Kamera baumelte an der Trageschlaufe immer wieder an sein Knie. Ich meinte, er sollte sie doch einfach bitte festhalten, er könne diese Kamera niemals bezahlen und ein Objektiv sei verdammt sensibel. Er schrie mich an, meinte ich solle doch die Botschaft anrufen. Ich rief an, auch wenn ich auf Deutsch redete, merkte er wohl, dass ich nicht scherzte. Zu meinem Unglück ging nur eine dummer menschlicher Anrufbeantworter dran, es zeigt aber Wirkung, er bat mich aufzulegen und nun reichten ihm ungefähr 75 Euro. Ich, leider aufgelegt, rufte gleich nochmal an. Nun fing er an englisch zu sprechen, eins, zwei Bier würden ja auch reichen, gab uns die Pässe zurück, meine Kamera wollte er noch behalten. Ich rief gleich nochmal den automatischen menschlichen Anrufbeantworter an, redete kaum mit der unnetten Dame sondern sagte nur viele Sätze mit Kamera und Police und Korruption. Der Mann stand auf, gab mir meine Kamera, dann seine Hand und sagte in etwa "Ich bin (Name des Polizisten), wir sind doch gute Freunde." Natürlich in flüssigem englisch. Wir durften gehen, hatten inmitten Yaounde und den vielen Gesichtern einen neuen Freund gefunden. Nicht.

Anna, Max und Sophie vor der Bahn nach Ngaoundere
Direkt hinter mir: Die Hälfte ist gefüllt mit Soldaten
Danach ging es gleich zum Zug, wir aßen noch kurz etwas und dann ging es auch schon los. Hektisch wurden die Zugtickets und Pässe kontrolliert, zum Zugabteil, wir hatten das letzte gaaanz hinten, mussten wir fast rennen. Innerhalb von ungefähr einer Viertel Stunde war der ganze Zug voll, das Gepäck vom Sicherheitsmann richtig verstaut und pünktlicher als die Deutsche Bahn konnten wir um 7:11 (Geplante Abfahrtszeit 7:10!!!) den Bahnhof in Yaounde verlassen. Was passierte uns mal wieder? Wir teilten uns das Zugabteil mit einer großen Gruppe von Brigade-Soldaten. Allesamt mit geladenen automatischen Gewehren und in bester und angetrunkener Laune. Sie wären auf dem Weg die Boko Haram im extremen Norden zu bekämpfen. Boko Haram haben in letzter Zeit gezielt Weiße im extremen Norden Kameruns entführt und grundsätzlich für eine Menge Angst und Schrecken gesorgt. Das heißt doch, dass die vier Weißen im Zug denen Dankbarkeit und ein offenes Ohr schuldete. Wir freundeten uns ziemlich schnell mit ihnen an, scherzten mit ihnen. Man hörte die Angst und Verzweiflung aus dem Gerede der jungen Menschen, sie wussten, dass nicht alle von ihnen wiederkommen würden, wenn überhaupt einer. Schwäche durften sie aber vor ihren Kameraden nicht zeigen, sie ertränkten die Schwäche in Witz und Alkohol. Wir saßen also im Partyzug. Zum Zug selbst: Besser als die zweite Klasse in Deutschland! Man kann sogar die Fenster öffnen, wenns zu warm wird. Der Zug ist aus lauter gegenüberstehenden Sitzreihen aufgebaut, aus lauter "Vierern". Die Sitze und der Zug sauber, Kinder gibt es zwar einige, aber kamerunische Kinder schreien einfach nicht auf reisen, das geklaut wird durch einem Guard an jedem Ausgang unterbunden. Nach jeder Station findet eine Passkontrolle von Polizisten statt. Also alles tipitopi. Einziges Manko: Wir kauften als eine der Ersten unsere Zugkarten, waren also im ersten Abteil direkt am Zug. Der starke Dieselmotor machte einen Lärm, mit dem wir fast die ganze Nacht durch zu kämpfen hatten.
Die Soldaten nochmal ganz.
Dann wurde auch noch gut jede Stunde angehalten, die Fenster auf, Sachen gekauft und weitergefahren. Etwas nervig, aber wie sollte man denn sonst auf 15 Stunden kommen?
Auch diese Nachtfahrt schlief ich nicht viel, ich wusste nicht wohin mit den Beinen, wie sitzt man gemütlich zum Schlafen, dann noch gegen die Fahrtrichtung und ach irgendwie sind diese Nachtfahrten nichts für mich.
Da lacht der Paul noch, freut sich ...
Gegessen wir auf Teppichen. Lecker Ziegenfleisch.
Morgens wachte ich dann ziemlich früh auf und die Landschaft war irgendwie anders. Das Graß saftig grün, mehr flach, wo sind alle Palmen hin? Achja, jetzt sind wir in der Adamawa-Region. Bekannt für den Viehhandel, das gute Fleisch, viele Kühe, Schafe, Ziegen, weniger Landwirtschaft. Und noch eine Veränderung: Nun sind Christen in der Minderheit. Die meisten Menschen im Norden kommen von den Familien der Fulani, Bororo oder Hausa, alles muslimische Völker. Was ist aber schon der unterschied zwischen Muslime und Christen? Die Muslime sind groß, schlacksig, dünn, haben anderes Haar. Sie tragen Körperlange Gewänder, meist in weiß, Meister-Proper-weiß (selbst der Automechaniker ist sauber wie ein sauberes Baby), Muslimenkäppchen und Lederschlappen.
...den Mt. Ngaoundere zu besteigen, dann aber...
...tritt er in einen gut 2cm langen Stachel, aua!
Auch das Feeling am Bahnhof ist ein Anderes. Es ist alles irgendwie entspannter, man wird weniger herumgeschubst, weniger angesprochen, man glaubt kaum noch, weiß zu sein. Taxifahrer rufen nicht mich, sondern ich die Taxifahrer. Taxis gibts eh kaum, eigentlich fahren nur Motorradtaxen. Auch die Motorräder sind anders, fahren geschmeidiger, langsamer, sind viel leiser. Erster Eindruck: WOW!

Das Sekräriat des Lamidat.
Nach einer langen Hotelsuche ohne Frühstück treffen wir einen Freund von Gregory, Derick. Er zeigt uns ein Hotel direkt am Bahnhof, wir entscheiden uns dafür. Sieben Euro für ein Doppelzimmer pro Nacht. Bett und Bad, perfekt für Freiwillige.

Strohbedeckte Häuser im Innenhof des Lamidat.
Ich war fasziniert von Ngaoundere. Kaum zwei Stunden da, schon habe ich mich verliebt. Um 13.30 ging dann das Gesinge los, die Menschen gingen mit ihren Teppichen Richtung Moschee, legten ihren Teppich nebeneinander und beteten zusammen. Der Verkehr fiel flach, Dank Ramadan hatten wir auch Schwierigkeiten Tagsüber etwas zu Essen zu bekommen. Überall gab es dann aber super leckeres Fleisch zu essen, viele Datteln, Lederschuhe, Kinder liefen mit heißem Tee zum Verkaufen herum. Der Kleine Markt, der viel größer ist als der Große Markt, bietet Alles an, was man möchte. Der Große Markt ist eher traditionell gehalten, viele Schneider und Gewänder, Kappen und Schuhe werden dort angeboten. Paul und ich liesen uns von einem Barbier traditionell rasieren. In die Stadt habe ich mich verliebt.

Am Freitag liesen wir uns durch den Palast von Ngaoundere führen, dem Lamidat. Freitag ist ein besonderer Tag, da der Lamido, der König, zur großen Moschee läuft und mit den anderen betet. Ungefähr tausend Menschen beteten da auf den buntesten Teppichen mitten in der Mittagssonne. Danach wurde im Lamidat der Lamido mit einer Knick und dem Berühren des Bodens mit beiden Händen begrüßt und dem Musizieren und Tanzen der Leute zugesehen. Ein wundervolles Erlebnis.
Gut 1000 Männer beten um halb zwei an der großen Moschee.
Schon wird der Lamido zurück in den Lamidat
eskortiert.
Die verrückte Dschang-Crew.
Am Samstag fuhren wir dann zusammen mit Derick in den Benue Nationalpark um ein paar Tiere zu sehen. Nach einer zweistündigen Panne liefen wir dann mit unserem zu kurz geratenen Guide und einer Wache durch den Nationalpark. Die Tiere ließen sich leider nicht so zahlreich blicken, wie gedacht. Wir sahen zwar ein paar Antilopen, Schildkröten, Papageie, Krokodile und Affen, Giraffen, Nilpferde und Hyänen haben sich aber nicht sehen lassen. Trotzdem war es ein schöner wenn auch, dank Panne, nervenzehrender Tag.
Gleich am nächsten Morgen um sieben sollte es dann zurück gehen, nicht mit Bahn sonder mit dem Bus. Über schlecht ausgebauten Straßen fuhren wir ungefähr 24 Stunden über Tibat, Banyo und Foumban nach Bafoussam. Ich nahm dann gleich den Bus weiter nach Bamenda und das Taxi nach Bali. Die Fahrt erlaubte kaum Schlaf oder Ruhe, ich bekam Muskelkater und Poschmerzen, dank ungemütlichen Sitzbänken und noch ungemütlicheren Straßen. 
Sieht man den Affen in der Mitte des Bildes?


Unsere Gruppe im Benue-Park, der Guide unten rechts ist einfach zu klein.
Der Benue-Park, wunderschöne Landschaften
Diesmal eine Antilope.
Von der Busbank auf die nächste Bank in Banyo,
erstmal ausruhen von der Fahrt.
Anschieben mussten wir den Bus zum Glück nur einmal.

Fix und fertig aber mit einer neuen Lieblingsstadt, Ngaoundere, erreichte ich dann mein schönes Haus in Bali am Montag. Und Laura sollte Donnerstag schon zurück nach Deutschland. Lauri war die letzten Monate leider immer wieder krank geworden und entschied sich dann spontan nach Hause zu fliegen, noch eine Woche Fieber, noch mehr Zeit im Bett verbringen, dass wollte sie nicht mehr ertragen.
Das letzte Bild von Lauri. 
Was macht der Typ da?

Ich fuhr nach Lauras abfahrt dann nochmal nach Kumbo, Pauline und Grace besuchen.

Nun sind schon einige Freiwillige weg, die Bafoussam Freiwilligen haben mich noch einmal besucht und das Haus ist ohne Laura doch etwas leer. Jetzt muss noch der Plan für die nächsten Freiwilligen ausgefeilt werden, der Boss ist bestimmt, der Mentor hier in Bali wird Gregory sein. Den Schulleitern der Schulen, an denen die nächsten Freiwilligen nicht mehr unterrichen muss gebeichtet werden, dass sie eben nicht mehr im Programm sind, den Übriggebliebenen muss das neue Konzept vorgestellt werden. Unserer Organisation wurde mittlerweile gut abgesagt, er wartet nur noch auf den letzten Bericht von meiner Seite, die Lust diesen zu schreiben hält sich aber in Grenzen.

Könnte ich mir jetzt nochmal meinen Freiwilligendienst-Einsatzort auswählen, würde ich Ngaoundere auswählen!


Liebste Grüße, ich komme!

Donnerstag, 19. Juni 2014

What the fog – is going on?

Schule ist aus. Es regnet fast jeden Tag. Der Chef meldet sich nicht.

What the fog am I doing here? Zeit zum Reisen, Erkunden, Besuchen, Quatschen, Entspannen!

Am 29.05., ein schöner Mittwoch und ein langes Wochenende vor mir, fuhr ich mal wieder nach Kumbo. Kombuianer besuchen, ein bisschen Spaß haben, auch mal aus dem Haus in Bali rauskommen, die Mädels mal unter sich lassen.
Kumbo ist immer sehr ... "entspannend". In Anführungszeichen, da die Fahrt nach Kumbo bedeutet mit acht Menschen für gut zweieinhalb Stunden auszuharren. Am gemütlichsten ist da eigentlich die Rückbank, am besten mit drei dünnen Mamis. Das passiert aber nie, dickere Geschäftsleute teilen sich liebend gerne mit dir das Auto, Vier davon nach hinten, einer von ihnen sitzt schon fast auf dem Schoß des Nebenmannes oder der Nebenfrau. Zwei weiter auf dem Beifahrersitz, am besten etwas dünnere Menschen, sonst kann der Fahrer nur mit Schwierigkeiten schalten, einer, der Dünnste, darf dann nach neben dem Fahrer platz nehmen. Und wer ist in einem Kreis aus gut gebauten Menschen der Dünnste? Natürlich der Max selbst.
Beim Fahrer sitzen bedeutet sich zwischen Schalthebel und Fahrer, rechts unterm Lenkrad einzuklemmen, den linken Arm über die Schultern des Fahrers, den Rechten hinter die Kopfstütze des Beifahrers. Der ganze Körper ist dabei etwas verdreht, da man die Beine irgendwie zusammenklemmen muss, damit der Fahrer das Gaspedal noch erreicht, meine Füße mit Schuhgröße 44 aber auch nicht die ganze Zeit die Bremse bedienen dürfen. Das Lenkrad schabt bei jeder Kurve über die Hose und hinterlässt einen etwa zwei Zentimeter schwarzen Strich auf dieser, das linke Bein schläft ein, dann das Rechte, ein Krampf in dem linken Arm, der rechte Arm beschwert sich dank vollkommenem Taubheitsgefühl nicht, der fällt dann kurz vor Kumbo ab und wächst hoffentlich nach.

Nach den ganzen Schmerzen und Qualen geht die Fahrt dann erst los.

Zweieinhalb Stunden, jede Unebenheit der Fahrbahn, jedes Schlagloch wird ausgenutzt um sich eine bequemere Sitzposition zu erkämpfen, es wird nicht gelingen.
Mein armer Rücken!

Am Abend erreicht Max dann aber doch Kumbo, eine nette Dame (ich gehe davon aus, dass sie nett ist, schließlich ist sie eine halbe Stunde vor Kumbo ausgestiegen und ich konnte einen hinteren Platz sichern, ich danke dieser Dame!) unterhielt mich prächtig während der Fahrt, erzählte mir Sachen, die ich schon wusste, gerne auch drei mal, fragte mich einiges über Deutschland, über mich und dies und das und es war sehr angenehm von den Höllenqualen abgelenkt zu werden.
"Wieso Abend", höre ich meine Leser fragen, "du hattest, als du nach Kumbo wolltest doch den Mittwoch noch vor dir?" Abend deshalb, weil unser Auto beim befahren der Berge vor Kumbo anfing zu Qualmen. Es lief dann ungefähr so: Der Fahrer sammelte alles Wasser der Mitfahrer ein, jede viertel Stunde wurde eine Pause gemacht, dem Wagen Zeit zum abkühlen eingeräumt und unser Trinkwasser in die Kühleinheit eingefüllt. In Jakiri wurde dann der Keilriemen gewechselt und weiter gings.
Das heißt, ich war nicht zweieinhalb Stunden unterwegs, sonder gut vier oder fünf. Am Abend kam ich dann in Kumbo an, mehr oder weniger von der Fahrt gerädert, die Kumbo Freunde wollten trinken, danach noch in einen Club gehen. Ich bin raus!

Die zwei Tänzer, immer in guter Laune.
Beim Bierchen in der Stammkneipe, genannt Password, fing ein Duo plötzlich an zu tanzen. Zwei muskelbepackte Herren, welche wohl aus Yaounde kommen und professionell tanzen, waren mit einem Mobilfunkanbieter in der Nord-West-Region unterwegs und stellten kurz, in einer geschlagenen Stunde, ihre improvisierte Choreografie vor. Der Wahnsinn, die Beiden kombinierten Hip-Hop mit traditionellem Tanz, Nigerianischem Tanz, Breakdance, unglaublichen Kunststücken und kindlicher Komik. Wo haben die das gelernt?
Pauline, Grace und Andrew, wunderbare Kumboianer.

In Kumbo wurde ansonsten gut gegessen, besser getrunken und alle hier und dort mal besucht. Pauline fragt mich dann kurzfristig ob ich sie bei der anstehen Plant-for-the-Planet-Akademie unterstützen könnte. Im Prinzip geht es da um näherbringen von Nachhaltigkeit, ökologisch globalem Denken und dem Pflanzen von Bäumen. Ungefähr 100 Kinder von drei verschiedenen Schulen, 20 Lehrer und einige Freunde kamen, verbrachten den Tag mit Diskussionen, Spielen und Pflanzen von 200 Bäumen in Shisong.
Ein gelungener aber auch anstrengender Tag, besonders für Pauline, die sich wie wahnsinnig Mühe gegeben und diese Akademie eigentlich Alleine organisiert hat und auch einiges an Geld in diesen Tag investiert hat.
Wunderwald in Kishong.
Schwierig waren besonders die Gruppendiskussionen, ich als Diskussionleiter sollte die Diskussionen führen und Anstöße liefern, ganz ohne Gruppenbeteiligung geht es dann aber doch nicht. Dank Anwesenheit der Lehrer, Angst vor dem Fremden Weißen und Zusammenarbeiten mit fremden Kindern musste man sich stark bemühen, Kindern etwa zum Sprechen zu bewegen. Gruppendiskussionen, die eigene Postition verteidigen und Kreativität werden eher vernachlässigt in der Schule. Dort geht es alleine um die Ergebnisse der Klausuren.
Trotzdem war es ein schöner Tag, ein bisschen mit der Green-Care-Association, der NGO Paulines, zusammengearbeitet, ein paar neue Leute kennengelernt, den Kindern einen spaßigen Tag bereitet.

Langes Wochenende vorbei, zurück ins Auto, nach Bamenda. Wieder eine Verspätung: Ein Mitfahrer hat dem Fahrer angedroht, in Sabga sei er ein toter Mann. In Ndop zur Polizei gefahren, gut eine Stunde gewartet bis der Fahrer aus dem Verhöhrsaal kam und es weiterging.

Woche verging und am Freitag dann so: Lass uns doch nach Kumbo fahren!
Florian am Grillen, im Hintergrund der Sohnemann Juri.
Diesmal aber nicht direkt nach Kumbo sondern etwas weiter nach Kishong. Florian und Mona, die deutschen Ärzte hier in Bali, wollten mal ein Wochenendausflug unternehmen, die Kinder packen und irgendwo in den Wald. Ein Freund empfahl Ihnen ein Haus in Kishong. Also diesmal mit den Mädels Laura und Lea in dem klimatisierten Jeep mit der jungen Familie nach Kumbo, wir fuhren kaum länger als zwei Stunden.
Endlich mal wieder Backen!
In Kishong dann das Haus: erbaut 1928 von der Baseler Mission, mittlerweile wird es von dieser nicht mehr benutzt und gehört zu der evangelischen Kirche in Kishong. In der Küche ein alter Ofen, so ein dicker weißer, einmal Feuer am morgen und man kann den ganzen Tag kochen und backen, wandaful!
Der Kleine, mit Spiegeleiern am Braten.
Eigentlich hätte der Ofen ausgereicht, aber auch der Rest des Hauses, die Umgebung und alles dort war einfach perfekt für ein kleines Wochenendchen. Mitten im Wald, vorm Haus eine kleine Wiese, genug Betten für alle, und den ganzen Tag einfach nichts tun, Brot backen, Grillen, entspannen.

Und schon wieder verging eine Woche, förmlich wie im Fluge, denn ich kann mich kaum an diese erinnern. An das Wochenende kann ich mich aber noch erinnern, ich war in Batibo – Guzang, meinen alten Kassler Kumpanen besuchen. Er lebt seit Leas Einzug in Bali alleine in seinem riesen Haus und freut sich, wenn ich mal vorbei komme, wir uns einige Booster (Whiskey-Cola-Mischgetränk) teilen und über Männerdinger sprechen. Am Abend meiner Ankunft wurde ich dann auch gleich von Ihm und seinen kamerunischen Freunden empfangen, wir verzehrten ein paar Poff-Poffs mit Bohnen und tranken in einer gemütlichen Runde unsere Getränke.Felix, ein super netter Kerl, gute 40 Jahre alt aber immer noch genau auf unserem Level, begrüßt mich dort immer mit "My Brother from another Mother". Yeah!
In Kamerun ist es üblich, Runden zu geben, für alle die gerade mit dir am Tisch sitzen, auch wenn es eben Freunde von Freunden von entfernten Verwandten sind. So kam es zu der Situation, dass mein viertes Bier schon bei mir Stand, ich aber noch beim Zweiten war. Manchmal wirkt es dann schon etwas wie ein Saufgelage.
Der nächste Morgen, die Leber und der Kopf noch voller Castel (das beste Bier hier), nahm uns Fredrik mit nach Ashong, etwas 30 Minuten von Guzang, und wollte dort im Namen seiner Organisation mit den örtlichen Bauern eine Farmergruppe aufbauen. Solche Gruppen funktionieren ähnlich wie Vereine in Deutschland, man bildet Interessengruppen und vertritt diese Interessen als Vereinigung, um eine stärkere Position einzunehmen und Vorteile zu ergattern. Die nun selbsternannten Produzenten waren begeistert, Fredrick versprach, dass man in fünf Jahren Tomaten aus Ashong in jedem Supermarkt in Deutschland kaufen könne. Das wär doch was.

What the fog? Ich ungefähr 15 Meter von der Kamera.
What the fog? Kaum fuhren wir nach Ashong kam mehr und mehr Nebel, wir waren in den Wolken. Nebel so dicht, so feucht, Sichtweite von ungefähr 20 Metern. Der Torwart auf dem Fussballfeld auf dem ich stand könnte weder den Ball, noch Spieler noch das gegnerische Tor sehen. Es regnete nur unter Bäumen, Wasser kondensierte an den Blättern und der Wind lies es dann nur unter Bäumen regnen. Der ganze Nebel, blendend hell, ich war fasziniert. Leider ist sowas schwierig mit der Kamera aufzunehmen, man sieht ja einfach nichts...

Zurück in Bali aber wartete Arbeit auf uns. Wir müssen uns nach einem neuen Arbeitgeber für die zukünftigen Freiwilligen in Bali umsuchen. Die Arbeit mit CAMAAY und Patrick ist wenig zufriedenstellend, es geht viel viel um Geld beschaffen und wenig um die eigentliche Idee des kulturellen Austauschs und der Bildung von Unten. Da Patrick kaum motivation zeigt, dies zu ändern, muss diese Organisation eben fallengelassen und nach einem besseren Arbeitgeber gesucht werden. Den haben wir mittlerweile auch schon gefunden, Victor Bame ist Abgeordneter für Jugendarbeit und ein wirklich motivierter, netter und witziger großer Mann. Er zeigt Interesse an der Zusammenarbeit mit dem IB und hat schon Erfahrungen in der Arbeit mit Freiwilligen der amerikanischen Peacecorps. Hört sich also super an.

Gerade Gestern dann ein Tagesausflug nach Bamessing. Wir durften auf unserem Cheffe warten, baten ihn, bis 12 Uhr zu kommen, danach würden wir losgehen. Er kam nicht.
Also auf nach Bamenda, Taxi nach Bambui, dann Sabga.
Sabga ist eine kleines Dörfchen Richtung Kumbo, etwa eine dreiviertel Stunde von Bamenda. In Sabga (wo mein ehemaliger Fahrer sterben sollte) ist die Landschaft hügelig, in jeder Richtung sind riesige Felsformationen und Berge, überall saftig grüne Wiesen. Gute Wiesen bedeutet gutes Vieh, Viehhalter sind großenteils Fulani hier, Muslime aus dem Norden. In Sabga leben viele viele Fulani und das Dorf hat eine lange muslimische Tradition. Und das beste: sie Produzieren auch noch Käse! Wir kauften nur kurz einen echt teuren Käse und fuhren weiter nach Bamessing.

In Bamessing, gleiche Landschaft, wunderschön, hat sich Prespot niedergelassen. In ganz Bamessing wird getöpfert, wie verrückt. Prespot gehört zu Prescraft, eine evangelische Organisation, die die traditionelle Handwerken in Kamerun unterstützt und vermarktet. Allet Fairtrade und Bio und so. Prespot ist der Ableger, in dem die ganzen Tonwaren hergestellt werden. In Bali ist der Hauptsitz der Holzverarbeitung und Masken und Stühle etc. von Prescraft.
Neben der Töpferei gibt es bei Prespot einen Laden und ein Gasthaus, bei dem wir ausgelassen aßen, mit Honig, Margarine und Käse, dafür waren wir ja unterwegs.
Das war dann auch schon der Tag, einmal Käseessen gegangen.

Da bin ich, langsam aber stetig kommt der Tag der Rückkehr näher, eben regnete es noch aus allen Kübeln, gleich wollen wir zu Time2be mit Kindern spielen. Danach noch nach Bamenda. Der Tag vergeht, ich komme!

Liebe Grüße aus Bali, genießt euren Sommer.